Sonntag, 15. März 2020

Kleines Protokoll zum merkwürdigsten Sonntag meines Lebens






Wochenlang wurde geplant und gerungen.
Um Abschiedsworte.
Um Gesten.
Um Rituale.
Um Dinge die vielleicht helfen,
etwas wieder heilen zu lassen.

Zeit wollten wir haben.
Und Zeit geben.
Um zu beenden was war
und zurückzufinden zur Hoffnung

auf Neues und Gutes, das entstehen wird.

Wir haben uns gewünscht,
dass Menschen sich begegnen
und wahrnehmen
und aufeinander zu gehen
glaubend und wissend,
dass Christus unter ihnen ist,
wenn zwei oder drei zusammen sind. 

Und dann waren nicht nur
zwei oder drei zusammen,
und Christus unter ihnen,
sondern auch Corona
war mitten unter ihnen.
Nichts mehr war mehr so, wie es sein soll.
Das Leben wird plötzlich zerbrechlich.
Planungen fallen auseinander
wie Herbstlaub von den Bäumen.
Nähe wird gefährlich und
Begegnung ein strategisches Projekt. 

Alles scheint offen und
nichts fühlt sich richtig an.
Die besten Planungen
reichen nur bis zur nächsten Empfehlung 
des Oberkirchenrats.
Gutgemeintes und Gutgeplantes
zerbricht in unseren eigenen Händen.

Gemeinsam
von vorn beginnen.
Heute anders als gestern.
Das Beste daraus machen,
obwohl man noch gar nicht weiß,
was man dazu bekommt.
Mit dem Herzen sehen und
mit dem Bauch entscheiden. 

Und dann:
Sonntag.
Merkwürdigster Sonntag meines Lebens.
Zwischen Kirche und Krise.
Zwischen Himmel und Erde.
Zwischen Abschied und Neubeginn. 

Gemeinsam
singend und betend
um Fassung ringend
losgehen.
Meine Hoffnung und meine Freude,
meine Stärke, mein Licht. 


Leerer Altar.
Das Kreuz auf dem Weg
nach draußen.

Ins Neue.
Ins Freie.
Ins Licht.

Christus meine Zuversicht;
auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht,
auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht.


(Zum Abschied von der Johanneskirche in Wendlingen am Neckar am 15. März 2020)




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