Donnerstag, 9. November 2017

Neunter November



1918: Novemberrevolution
1923: Hitlerputsch
1938: Reichsprogromnacht
1989: Mauerfall

2017: Donnerstag

Mir fällt Dietrich Bonhoeffer ein:
„Ich glaube,
dass Gott aus allem,
auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will.
Dafür braucht er Menschen,
die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.
Ich glaube,
dass Gott uns in jeder Notlage
soviel Widerstandkraft geben will,
wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im Voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben
müsste alle Angst vor der Zukunft
überwunden sein.
Ich glaube,
dass auch unsere Fehler und Irrtümer
nicht vergeblich sind,
und dass es Gott nicht schwerer ist
mit ihnen fertig zu werden,
als mit unseren vermeintlichen Guttaten.
Ich glaube,
dass Gott kein zeitloses Fatum ist,
sondern dass er auf aufrichtige
Gebete und verantwortliche Taten
wartet und antwortet.“
(Quelle: Widerstand und Ergebung, DBW Band 8, Seite 30 f)


Freitag, 3. November 2017


Ich glaube, die Zukunft ist tot.
Gestern war sie noch da.
Ganz sicher.
Im Weltraum meiner Seele
bin ich ihr begegnet.
Recht oft und bisweilen
auch zu oft.
(Träumen wird man ja wohl dürfen.)

Im Nebelgewölk verborgen
aber da.
Manchmal leicht und schnell
kaum sichtbar wie eine Feder
im Herbstwind.

Manchmal mächtig und gewaltig
und unzerstörbar
wie eine feste Burg oder
die Fahrgastzelle bei Mercedes.
Bunt war die Zukunft
und farbenfroh und sauber
wie ein unbenutzter
Wasserfarbenkasten von Pelikan.

Ziemlich spontan war sie auch
Und ausgesprochen schlecht planbar.
Aber da.
Im Weltraum meiner Seele.

Da und auch wieder fort.
Gewonnen und zerronnen.
Täglich. Stündlich. Augenblicklich.
Da und wieder fort.
Fort und wieder da.
Greifbar und wieder entrückt.

Nun ist die Zukunft über Nacht
gänzlich abhanden gekommen.
Hat sich still und leise
und klammheimlich
aus dem Staub gemacht.
ist dem Heute gewichen.
Dem, wie es wirklich ist.
Realität jetzt.
Schwarz ist der Weltraum meiner Seele.
Ich suche den Wasserfarbenkasten  
aber finde den Kalender.
Seelenlos und zahlenvoll
bekomme ich die Rechnung präsentiert
für das, was kommt.
Vorkasse quasi?

Manchmal befahre ich
den Weltraum meiner Seele
im Nebel.
Ohne Licht.
Kalender ist Navi.
Der Weg ist Ziel.  
Ich übe Vertrauen.
Einer ist bei mir im finsteren Tal,
bei mir ist einer, der mich tröstet.
Wider Erwarten
finde ich
Licht am Ende des Weltraums
Farben im Nebel,
Zukunft
und
mich.

(Mein Beitrag zum 1. Böblinger Predigtslam am 03.11.2017 im Alten Amtsgericht)