Sonntag, 24. März 2019

Durch das Dunkel hindurch scheint der Himmel hell



Gottesdienst im Roßdorf
24. März 2019 (Oculi)
Predigttext: Jeremia 20, 7-13

#Jeremia

Mein Name ist Jeremia.
Ich komme aus Anatot in der Nähe von Jerusalem.
Ich spreche, weil Gott es zu mir gesagt hat.
Gott ist nicht egal, was sein Volk tut.
Es ist ihm nicht egal, dass sich Menschen ihre Zukunft verbauen.
Und er will, dass die Leute das wissen.
Ich dachte, dass ich viel zu jung bin.
Und dass keiner auf mich hören wird.
Wer nimmt denn einen Jugendlichen mit Pickelgesicht schon ernst?
Der HERR sprach aber zu mir: Sage nicht: »Ich bin zu jung«, sondern du sollst gehen, wohin ich dich sende, und predigen alles, was ich dir gebiete.

Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin bei dir und will dich erretten, spricht der HERR.
Ich will mein Gericht über sie ergehen lassen um all ihrer Bosheit willen, dass sie mich verlassen und andern Göttern opfern und ihrer Hände Werk anbeten.



#Greta

"Mein Name ist Greta Thunberg. Ich bin 15 Jahre alt und komme aus Schweden. Ich spreche im Namen der Initiative 'Climate Justice Now'. Viele Menschen sagen, dass Schweden nur ein kleines Land ist und dass es egal ist, was wir tun. Aber ich habe gelernt, dass man nie zu klein dafür ist, um einen Unterschied zu machen. Wenn ein paar Kinder auf der ganzen Welt Schlagzeilen machen können, indem sie einfach nicht zur Schule gehen, dann stellt euch vor, was wir gemeinsam erreichen könnten, wenn wir es wirklich wollen würden.

Aber um das zu tun, müssen wir klar sprechen. Ganz egal, wie unangenehm das sein mag. Ihr sprecht nur von grünem, ewigem Wirtschaftswachstum, weil ihr zu viel Angst habt, euch unbeliebt zu machen. (…) Ihr seid nicht einmal erwachsen genug, die Wahrheit zu sagen. Sogar diese Bürde überlasst ihr uns Kindern.

Aber mir ist es egal, ob ich beliebt bin. Ich will Gerechtigkeit in der Klimafrage und einen Planeten, auf dem wir leben können.

#Berufung

Berufung.
Ein großes Wort.
Nicht nur Beruf. Job. Alltag.
Nicht ein Lehrberuf.
Nichts, worin man einen Master machen könnte.
Berufung ist mehr.
Berufung ist, wenn es keine Option gibt.
Wenn man tut, was getan werden muss.
Wenn man keine Wahl hat
und es nur noch um das eine Ziel geht.
Wer berufen ist
(oder sich dafür hält)
kennt keine Grenzen.
Verleugnet Grenzen.
Ignoriert Grenzen.
Sprengt Grenzen.
Rennt gegen Grenzen
und rappelt sich wieder auf.
Und macht weiter.
Wer berufen ist
(oder sich dafür hält)
verstößt gegen gute Sitte
und Schulgesetz.
Gegen gesellschaftliche Trends und
wirtschaftliche Interessen.


#Aufgabe

Berufung.
Ein großes Wort,
UND eine große Aufgabe.
Tun, wovon ich selbst überzeugt bin
UND öffentlich werden.
Alltägliches tun,
und dabei einen Unterschied machen.
Sich in der Komfortzone sicher fühlen,
und doch heraustreten aus der Masse.
Das Gespräch suchen,
und den Konflikt nicht scheuen.
Den Finger in die Wunde legen,
aber auch wissen, wie Heilung geht.
An heute und morgen denken,
und an die Zukunft derer,
die noch geboren werden.
Für sich selbst leben,
und für andere.
Für Menschen.
Für Gott.

Für eine bessere Welt.




#Leidenschaft

Berufung.
Nicht nur ein großes Wort.
Nicht nur eine große Aufgabe.
Berufung ist Leidenschaft.
Motivation bis in die äußersten Haarspitzen.
Sein eigenes Potential entdecken
und Stärken ausleben.
Bestätigung bekommen.
Wahlkämpfe gewinnen.
Gefeiert werden.
Anderen helfen können und
Dankbarkeit erfahren.
Berufung ist auch: Spaß haben.
Und einen Sinn im Leben sehen.




#Selbstaufgabe

Berufung.
Nicht nur ein großes Wort.
Nicht nur eine große Aufgabe.
Berufung ist Selbstaufgabe.
Zurückstecken.
Zeit investieren.
Geld in die Hand nehmen.
Sich mühsam Gehör verschaffen und
in der Öffentlichkeit leben.
Eigene Interessen zurückstellen und
keinen Feierabend haben.

Ist „die Haut zum Markt tragen“.
Sich verletzlich machen.
Auch den Wahlkampf verlieren.
Drohungen und Hass am eigenen Leib erfahren.
Aushalten, dass Menschen die Straßenseite wechseln und sich wegdrehen.


#Wechselbad

Berufung ist beides:
Licht und Schatten
Lust und Frust
Segen und Fluch
Stärke und Schwäche
Sinn und Unsinn
Wunder und Wahnsinn
Motivation und Depression
Kraftquelle und Erschöpfung
Verehrung und Verleumdung


#Depression

Wechselbad.

So wie bei Jeremia:
HERR, du hast mich überredet und ich habe mich überreden lassen. Du bist mir zu stark gewesen und hast gewonnen; aber ich bin darüber zum Spott geworden täglich, und jedermann verlacht mich.

8 Denn sooft ich rede, muss ich schreien; »Frevel und Gewalt!« muss ich rufen. Denn des HERRN Wort ist mir zu Hohn und Spott geworden täglich.

9 Da dachte ich: Ich will seiner nicht mehr gedenken und nicht mehr in seinem Namen predigen. Aber es ward in meinem Herzen wie ein brennendes Feuer, verschlossen in meinen Gebeinen. Ich mühte mich, es zu ertragen, aber konnte es nicht.

10 Denn ich höre, wie viele heimlich reden: »Schrecken ist um und um!« »Verklagt ihn!« »Wir wollen ihn verklagen!« Alle meine Freunde und Gesellen lauern, ob ich nicht falle: »Vielleicht lässt er sich überlisten, dass wir ihm beikommen können und uns an ihm rächen.« 


#Verleumdung

Wechselbad.
So wie bei Greta.
Ich zitiere die Salonkolumnisten und die AfD Heidelberg:

Greta ist „…offenbar ein von großer Angst geleiteter junger Mensch. … Dieses Mädchen braucht keinen Applaus, es braucht Hilfe.“ (Die Salonkolumnisten)
„Die #Klimareligion hat nun neben Priestern und Jüngern auch eine minderjährige Heilige, zu der die ganze Kirchengemeinde ehrfurchtsvoll aufschaut“ (AfD Heidelberg via Twitter)



#WasistmeineMission?


Ich bin nicht Jeremia.
Ich bin nicht Greta.
Was ist meine Mission?

Will ich berufen sein?

Wenn Schmerz und Niederlagen,
böse Worte, Häme und
letztendlich
Depression,
vorprogrammiert sind?

Danke, ich verzichte.  


Doch was wäre diese Welt
ohne Jeremia und Greta
und ihre Botschaft?
Was wäre die Welt, ohne diese Menschen,
die ein Ziel vor Augen haben
und die sich um alles in der Welt
nicht davon abbringen lassen
an einer besseren Welt zu bauen?
Was wäre,
wenn niemand daran erinnert,
dass Gott etwas an uns Menschen liegt?
Was wäre, wenn niemand ausspricht,
was längst gesagt werden müsste,
weil unsere Welt kaputt geht?



#DurchdasDunkelhindurch

Nocheinmal Jeremia:

11 Aber der HERR ist bei mir wie ein starker Held, darum werden meine Verfolger fallen und nicht gewinnen. Sie müssen ganz zuschanden werden, weil es ihnen nicht gelingt. Ewig wird ihre Schande sein und nie vergessen werden. (…)  13 Singet dem HERRN, rühmet den HERRN, der des Armen Leben aus den Händen der Boshaften errettet!

Nocheinmal Greta:

„Leute verbreiten Gerüchte über mich. Natürlich stört mich das ein bisschen, aber es zeigt auch, dass etwas passiert und Leute das als Bedrohung empfinden. Und das ist gut.“



Jeremia und Greta
Greta und Jeremia
Zwei mit einer Botschaft.
Zwei, die gehört werden.
Zwei, die nach vorne schauen.
Der eine vor vielen hundert Jahren,
die andere heute.
Durch das Dunkel hindurch
sehen sie ihren Erfolg.
Sehen, dass sich Investition auszahlt.
Durch das Dunkel hindurch
sehen sie, dass Veränderung möglich ist
und lassen deshalb nicht ab
von ihrem inneren Auftrag.




#UnsereMission

Wir sind nicht Jeremia
und wir sind nicht Greta.
Wir sind Erika und Beate
und Rolf und Alexander
und Yvonne und Stefan und Bärbel.
Aber wir sind berufen.
Zu großen und zu kleinen Dingen.
Wir sind berufen,
diese Welt, dieses Roßdorf
ein Stückchen besser zu verlassen,
als wir es vorgefunden haben.

Wir sind berufen,
manches auszuhalten.
Auch den Schmerz,
nicht gehört zu werden
und abgehängt zu sein.

Wir sind berufen,
Dinge anzusprechen,
die uns stören
und zu korrigieren,
wo Falsches behauptet wird.

Wir sind berufen,
uns Herausforderungen zu stellen:
im Zusammenleben
mit langjährigen Nachbarinnen und Nachbarn,
aber auch mit denen, die neu sind.

Wir sind berufen, nicht immer
den einfachsten Weg zu nehmen,
sondern nach Lösungen zu suchen,
die nicht gleich auf der Hand liegen.

Wir sind berufen,
nicht aufzugeben,
sondern zu verhandeln,
zu kommunizieren,
uns zu beteiligen.

Wir sind berufen,
Freundin und Freund zu sein
zu dem einen Gott,
dem Schöpfer des Himmels
und der Erde;
der keinen Konfession hat.

Wir sind berufen,
durch manches Dunkel hindurch
festzuhalten
am Licht
und am Leben
und an der Liebe.

Amen.




Lied:
Durch das Dunkel hindurch scheint der Himmel hell.
Durch das Dunkel hindurch scheint der Himmel hell.
so hell soll auch die Erde sein,
steht auf, steht auf, steht auf,
so hell soll auch die Erde sein, steht auf!

Durch das Dunkel hindurch dringt ein neues Wort.
Durch das Dunkel hindurch dringt ein neues Wort.
Das Wort wird uns zur Zuversicht,
steht auf, steht auf, steht auf,
das Wort wird uns zur Zuversicht, steht auf!

Durch das Dunkel hindurch führt ein neuer Weg.
Durch das Dunkel hindurch führt ein neuer Weg.
Der Weg wird unsre Zukunft sein,
steht auf, steht auf, steht auf,
der Weg wird unsere Zukunft sein, steht auf!


(Text: Jürgen Netz, Melodie Christof Lehmann)