Dienstag, 25. Dezember 2018

Weihnachten - kannste knicken!

Gottesdienst an Heilig Abend 2018
in der Eusebiuskirche Wendlingen am Neckar


Es ist dunkel. In der Welt.
Nicht nur nachts.
Manchmal ist es auch tagsüber dunkel.
Da wo Krieg ist.
Und Streit.
Und Hass.
Wo Menschen traurig sind, einsam oder krank.
Sich einander nicht zuhören.
Und einander nicht mehr liebhaben.

Kannste knicken, dieses Leben.
Nicht nur an Weihnachten.

Mit grün die Wiese stecken.

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt.

Er kann das befehlen.
Einem Kaiser wie Augustus gehorchen alle. Ausnahmslos.
Das wird für einige ganz schön schwierig werden.
Es wohnen ja nicht alle da, wo sie geboren sind.
Jemandem so gehorchen zu müssen, ist nicht schön.
Ich fühle mich klein und machtlos, wenn mir jemand etwas befiehlt. Denkt sich Josef. Eigentlich hatte er ja andere Pläne, aber die kann er wohl knicken.

Mit Rot Josef stecken / Kopf Gelb

Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe...

Josef ist Zimmermann. Er hat nicht besonders viel Geld.
Er tut, was der Kaiser befiehlt.
Aber dann kann er nicht arbeiten.
Kein Geld verdienen.
Die Familie ernähren?
Kannste knicken. Dieses Projekt dauert.
157 km sind es von Nazareth bis Bethlehem.
Zu Fuß.
Allein wäre das ja schon schlimm genug.
Aber Josef geht nicht alleine.
Er macht sich auf den Weg...

... mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger.

Mit Rot Maria Stecken/ Kopf Gelb

Maria. Seine Verlobte.
Sie bekommt ein Kind, aber nicht von ihm.
Sie ist noch jung, vermutlich so um die 15.
Und schon schwanger.
Das hatte sie sich bestimmt anders vorgestellt.
Ihr Ruf ist erstmal dahin. Auch wenn ihr ein Engel gesagt hat, dass es ein besonderes Kind sein wird.
Kannste knicken.
Ein Kind, obwohl sie noch nicht verheiratet ist!
Ihre Träume, ihre Vorstellungen von der Zukunft?
Kann se knicken.
Kennt ihr das?
Man hat manchmal so Wünsche, die sich nicht erfüllen lassen.
Dann sagt man: Das geht nicht. Das kannste knicken.
So wie bei Maria.



Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte.

Mit blau Stall stecken

Sie bekommt das Kind.
Mitten in der Kälte und dem Dunkel der Nacht.
Weit weg von Zuhause, ohne Hilfe und ohne ein richtiges Dach überm Kopf.
Nur ein Bretterverschlag ist es.
Eine zusammengeschusterte, windschiefe Hütte.
Ein Ochse kaut in der Ecke auf ein paar Halmen Stroh.
Hier soll man bleiben können? Kannste knicken.

Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Krippe mit grün und Jesus-Kopf mit Gelb stecken

Ein Junge ist es.
Aber an dem soll etwas Besonderes sein?
Danach sieht es nicht aus.
‚Rot und schrumpelig ist er – wie jedes Neugeborene.
Immerhin schreit er.
Aber „Sohn des Höchsten“? Ein König?
Kannste knicken.
Süß ist er ja.
Und vielleicht ist ja doch irgendetwas besonders an ihm. Zumindest hat das der Engel so behauptet.
Sie werden es herausfinden.
Aber nun brauchen sie Ruhe: Maria und Josef und das Kind.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.

3 Hirten mit rot und gelb und 3 Schafe mit Gelb

Hirte. Den Job kannste knicken.
Da bist du schon von Berufswegen auf der Verliererseite.
Für reiche Leute die Schafe hüten.
Dabei in der Kälte rumsitzen:
Da ist es legitim, geknickt zu sein.
Geknickt, weil niemand weiß, wie man heißt.
Geknickt, weil sich keiner interessiert sich für das, was man tut.
Geknickt, weil man in dieser Welt nicht wichtig ist.


         Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.

Engel mit weiß stecken

Ein Engel? Bei den Hirten? 
Da draußen, wo es eklig ist und kalt?
Normalerweise verirrt sich keine Menschenseele dort.
Nicht freiwillig. Kannste knicken.
Manchmal sehen sie tagelang keinen Menschen.
Da wird man schon ein bisschen scheu.
Und jetzt: ein Engelwesen. Licht. Helligkeit.
Jemand macht die dunkle Welt hell.
Da muss ein bisschen Fürchten drin sein!
Und „Fürchtet euch nicht“ ist schnell gesagt.
So ein Engel hat gut reden.

Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich    verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

Wie bitte? Der Heiland ist geboren?
Seit Ewigkeiten warten sie auf ihn.
Aber ein Kind? In einer Krippe?
Ein König, einer aus der Stadt Davids:
Der soll in diesen Verhältnissen leben?
Ein Palast müsste das doch sein.
Eine Zentrale der Macht – weithin sichtbar.
Damit man weiß, mit wem man es zu tun hat.
Schließlich soll er die Welt verändern.
Frieden bringen. Für Gerechtigkeit sorgen.
Aber ein Kind? Kannste knicken.

 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

Himmlische Heerscharen mit weiß stecken

Das hört gar nicht mehr auf! 
Ein Engelschor steht auf dem einsamen Feld.
Vor Minuten war es stockfinster.
Jetzt ist es hell wie am Tag.
So viele Engel kommen zu den Hirten.
Der Himmel ist offen.
Gott verbindet Himmel und Erde.
Licht, schiebt die Dunkelheit beiseite.
„Frieden für uns? Kannste knicken!“ sagen die Hirten.
„Frieden auf Erden“ sagen die Engel.

Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die      Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten.

Stern in Gelb

Sie hatten es gesehen,
mit eigenen Augen.
Ein armseliges Baby.
Der König in einem Stall.
Und drumherum: geknickte Menschen.
Wer denkt sich solche Geschichten aus?

Aber plötzlich ist alles anders.
Geknickte beginnen zu leuchten!
Licht schiebt die Dunkelheit beiseite
und in der finsteren Seele scheint es hell.

Gott denkt sich solche Geschichten aus:
kleine und geknickte Menschen
bringen den Frieden in die Welt.
Geknickte Menschen
beginnen zu leuchten.
Innen. In ihrer Seele.
Traurige, Einsame, Kranke.
Und solche, die geliebt werden möchten.
Weil Gott zu ihnen kommt.

Jesus.
Sein Leben beginnt und endet
als geknickter Mensch.
Als einer von uns
beginnt er zu leuchten.
Und dann ist Weihnachten. Amen.

1 Kommentar:

  1. Liebe Bärbel,
    was für ein schönes Stück. Wir würden die Idee gerne für einen Weihnachtsgottesdienst verwenden und wollen fragen, ob wir das dürfen. Leider finde ich nirgends eine Möglichkeit, Kontakt mit dir aufzunehmen. Ich würde mich riesig freuen, wenn du mich kurz auf michaelydia2010@googlemail.com anschreiben würdest. Vielen Dank, Michael

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