in der Eusebiuskirche Wendlingen am Neckar
Nicht nur nachts.
Manchmal ist es auch tagsüber dunkel.
Da wo Krieg ist.
Und Streit.
Und Hass.
Wo Menschen traurig sind, einsam oder krank.
Sich einander nicht zuhören.
Und einander nicht mehr liebhaben.
Nicht nur an Weihnachten.
Mit grün die Wiese stecken.
Einem Kaiser wie Augustus gehorchen alle. Ausnahmslos.
Das wird für einige ganz schön schwierig werden.
Es wohnen ja nicht alle da, wo sie geboren sind.
Jemandem so gehorchen zu müssen, ist nicht schön.
Ich fühle mich klein und machtlos, wenn mir jemand etwas befiehlt. Denkt sich Josef. Eigentlich hatte er ja andere Pläne, aber die kann er wohl knicken.
Er tut, was der Kaiser befiehlt.
Aber dann kann er nicht arbeiten.
Kein Geld verdienen.
Die Familie ernähren?
Kannste knicken. Dieses Projekt dauert.
157 km sind es von Nazareth bis Bethlehem.
Zu Fuß.
Allein wäre das ja schon schlimm genug.
Aber Josef geht nicht alleine.
Er macht sich auf den Weg...
Sie bekommt ein Kind, aber nicht von ihm.
Sie ist noch jung, vermutlich so um die 15.
Und schon schwanger.
Das hatte sie sich bestimmt anders vorgestellt.
Ihr Ruf ist erstmal dahin. Auch wenn ihr ein Engel gesagt hat, dass es ein besonderes Kind sein wird.
Kannste knicken.
Ein Kind, obwohl sie noch nicht verheiratet ist!
Ihre Träume, ihre Vorstellungen von der Zukunft?
Kann se knicken.
Kennt ihr das?
Man hat manchmal so Wünsche, die sich nicht erfüllen lassen.
Dann sagt man: Das geht nicht. Das kannste knicken.
So wie bei Maria.
Mitten in der Kälte und dem Dunkel der Nacht.
Weit weg von Zuhause, ohne Hilfe und ohne ein richtiges Dach überm Kopf.
Nur ein Bretterverschlag ist es.
Eine zusammengeschusterte, windschiefe Hütte.
Ein Ochse kaut in der Ecke auf ein paar Halmen Stroh.
Hier soll man bleiben können? Kannste knicken.
Aber an dem soll etwas Besonderes sein?
Danach sieht es nicht aus.
‚Rot und schrumpelig ist er – wie jedes Neugeborene.
Immerhin schreit er.
Aber „Sohn des Höchsten“? Ein König?
Kannste knicken.
Süß ist er ja.
Und vielleicht ist ja doch irgendetwas besonders an ihm. Zumindest hat das der Engel so behauptet.
Sie werden es herausfinden.
Aber nun brauchen sie Ruhe: Maria und Josef und das Kind.
Da bist du schon von Berufswegen auf der Verliererseite.
Für reiche Leute die Schafe hüten.
Dabei in der Kälte rumsitzen:
Da ist es legitim, geknickt zu sein.
Geknickt, weil niemand weiß, wie man heißt.
Geknickt, weil sich keiner interessiert sich für das, was man tut.
Geknickt, weil man in dieser Welt nicht wichtig ist.
Da draußen, wo es eklig ist und kalt?
Normalerweise verirrt sich keine Menschenseele dort.
Nicht freiwillig. Kannste knicken.
Manchmal sehen sie tagelang keinen Menschen.
Da wird man schon ein bisschen scheu.
Und jetzt: ein Engelwesen. Licht. Helligkeit.
Jemand macht die dunkle Welt hell.
Da muss ein bisschen Fürchten drin sein!
Und „Fürchtet euch nicht“ ist schnell gesagt.
So ein Engel hat gut reden.
Seit Ewigkeiten warten sie auf ihn.
Aber ein Kind? In einer Krippe?
Ein König, einer aus der Stadt Davids:
Der soll in diesen Verhältnissen leben?
Ein Palast müsste das doch sein.
Eine Zentrale der Macht – weithin sichtbar.
Damit man weiß, mit wem man es zu tun hat.
Schließlich soll er die Welt verändern.
Frieden bringen. Für Gerechtigkeit sorgen.
Aber ein Kind? Kannste knicken.
Jetzt ist es hell wie am Tag.
So viele Engel kommen zu den Hirten.
Der Himmel ist offen.
Gott verbindet Himmel und Erde.
Licht, schiebt die Dunkelheit beiseite.
„Frieden für uns? Kannste knicken!“ sagen die Hirten.
„Frieden auf Erden“ sagen die Engel.
mit eigenen Augen.
Ein armseliges Baby.
Der König in einem Stall.
Und drumherum: geknickte Menschen.
Wer denkt sich solche Geschichten aus?
Geknickte beginnen zu leuchten!
Licht schiebt die Dunkelheit beiseite
und in der finsteren Seele scheint es hell.
kleine und geknickte Menschen
bringen den Frieden in die Welt.
Geknickte Menschen
beginnen zu leuchten.
Innen. In ihrer Seele.
Traurige, Einsame, Kranke.
Und solche, die geliebt werden möchten.
Weil Gott zu ihnen kommt.
Jesus.
Sein Leben beginnt und endet
als geknickter Mensch.
Als einer von uns
beginnt er zu leuchten.
Und dann ist Weihnachten. Amen.