Predigt zum Epiphaniasfest
am 06.01.2021
in der Eusebiuskirche Wendlingen am Neckar
Lichtspuren: Spot on
Aus dem Johannesevangelium.
Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott.
Aus
dem ersten Buch Mose.
Am
Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Und
die Erde war wüst und leer,
und
Finsternis lag auf der Tiefe;
und
der Geist Gottes schwebte
über
dem Wasser.
Alle Dinge sind durch dasselbe
gemacht,
und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist.
Und
Gott sprach: Es werde Licht!
Und
es ward Licht.
Und
Gott sah, dass das Licht gut war.
Da
schied Gott das Licht von der Finsternis und
nannte
das Licht Tag und die Finsternis Nacht.
Da
ward aus Abend und Morgen der erste Tag.
In ihm war das Leben,
und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht scheint in der Finsternis,
und die Finsternis hat's nicht ergriffen.
Und
Gott sprach:
Es
werden Lichter an der Feste des Himmels,
die
da scheiden Tag und Nacht.
Sie
seien Zeichen für Zeiten, Tage und Jahre
und
seien Lichter an der Feste des Himmels,
dass
sie scheinen auf die Erde.
Und
es geschah so.
Und
Gott machte zwei große Lichter:
ein
großes Licht, das den Tag regiere,
und
ein kleines Licht, das die Nacht regiere,
dazu
auch die Sterne.
Und
Gott setzte sie an die Feste des Himmels,
dass
sie schienen auf die Erde
und
den Tag und die Nacht regierten
und
schieden Licht und Finsternis.
Und
Gott sah, dass es gut war.
Da
ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.
Es
war ein Mensch, von Gott gesandt,
der hieß Johannes.
Der kam zum Zeugnis, damit er von dem Licht zeuge,
auf dass alle durch ihn glaubten.
Er war nicht das Licht,
sondern er sollte zeugen von dem Licht.
Das war das wahre Licht,
das alle Menschen erleuchtet,
die in diese Welt kommen.
Und das Wort ward Fleisch
und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit,
eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes
vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Von seiner Fülle haben wir alle genommen
Gnade um Gnade.
1. Licht, das in die Welt gekommen,
Sonne voller Glanz
und Pracht,
Morgenstern, aus
Gott entglommen,
treib hinweg die
alte Nacht;
zieh in deinen
Wunderschein
bald die ganze Welt
hinein!
Lichtspuren I
Ist
es Ihnen schon aufgefallen?
Die Tage werde wieder länger!
Seit kurz vor Weihnachten
ist es wieder jeden Tag ein bisschen länger hell.
Und als letzte Woche das Wetter so richtig schön war,
hab ich um fünf Uhr nachmittags auf die Uhr geschaut
und war erstaunt: So hell noch?
Eines ist klar: es hat sich ganz anders angefühlt,
als fünf Uhr mit Winterdunkel.
Licht hat etwas mit dem zu tun,
wie lebendig wir uns fühlen.
Leben mit Licht fühlt sich anders an,
als Leben in der Dunkelheit.
Leben im Sommerhalbjahr fühlt sich anders an,
als das Leben im Winterhalbjahr.
Nachts arbeiten kostet mehr Kraft,
als tagsüber zu arbeiten.
Bäume sind zwar im Dunkel der Erde verwurzelt,
aber sie wachsen zum Licht hin
und produzieren Sauerstoff.
Schöpfungslicht erhält am Leben.
Hält diese Erde in ihrem Rhythmus.
Und uns auch.
Von seiner Fülle haben wir alle genommen
Gnade um Gnade.
2. Gib dem Wort, das von dir zeuget,
einen recht
gepriesnen Lauf,
dass noch manches
Knie sich beuget,
sich noch manches
Herz tut auf,
eh die Zeit
erfüllet ist,
wo du richtest,
Jesu Christ.
Lichtspuren II
Manchmal wird es nicht nur äußerlich
dunkel.
Manchmal wird es auch Nacht in der Seele.
Stunden, in denen ich mich selbst nicht leiden kann.
Stunden, in denen niemand da ist,
der mich in den Arm nimmt.
Stunden, in denen einfach alles zuviel ist.
Zuviel Termine. Zu viele Menschen.
Zu viele schlechte Nachrichten und Gedanken,
Impulse und Emotionen.
Widersprüchliches.
Wut und Glück wechseln sich genauso ab
wie die Schmetterlinge im Bauch
mit dem Frust über die Einsamkeit
und den Kater im Kopf nach durchgeheulter Nacht.
Angst macht sich breit
vor Long Covid und dem Finanzamt.
Sorge um die krebskranke Freundin
drückt aufs Gemüt
und die Schulnoten des 12jährigen Fortnite-Profis auch.
In mir geht dann manchmal das Licht aus.
Ich bin mir sicher: Sie kennen das.
Und dann?
Ich bin dann angewiesen auf einen Johannes.
Oder eine Johanna.
In den meisten Fällen heißt dieser Mensch anders.
Daniela, Ulrike oder Peter,
Karina oder Martin oder Birgit.
Ich bin mir sicher, Ihnen fällt ein Name ein.
Jedenfalls bin ich angewiesen
auf einen solchen Menschen,
der vom Licht zeugt.
Ich bin angewiesen auf einen Menschen,
der meine Welt hell macht.
Mir hilft zu vertrauen
ins Licht und ins Leben.
Manchmal reicht es,
wenn ein solcher Mensch einfach nur da ist.
Hell und warm neben mir ist. Bei mir.
Ganz kohlenstofflich – oder auch digital.
Licht sein. Anteil nehmen. Mir nahe kommen -
das geht auch per Zoom oder WhatsApp.
Denn Licht darf auch von außen kommen.
Licht muss sogar manchmal von außen kommen.
Und manchmal muss Licht erst geboren werden.
In mir zur Welt kommen.
In meine Welt kommen,
damit ich wieder so etwas wie Herrlichkeit sehen kann.
Wieder Staunen kann.
Selber wieder hell werden kann.
Ich bin dankbar für Menschen, die dafür sorgen,
dass es bei mir hell ist.
Sie schickt der Himmel. Buchstäblich.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit.
Ich sehe seine Herrlichkeit.
Und es wird hell.
3. Heile dir
zerbrochnen Herzen,
baue dir Jerusalem
und verbinde ihre
Schmerzen;
lass, was vor dir
angenehm,
durch der
Bundesschriften Zucht
noch erblühn zur
ewgen Frucht.
4. Wo du sprichst,
da muss zergehen,
was der starre
Frost gebaut;
denn in deines
Geistes Wehen
wird es linde,
schmilzt und taut.
Herr, tu auf des
Wortes Tür,
rufe, Heiland, laut
zu dir.
Lichtspuren III
Nicht nur
ich bin angewiesen
auf einen Johannes oder eine Johanna.
Andere sind es auch.
Nicht nur ich bin angewiesen auf Licht.
Mein Nächster, meine Nächste ist es auch.
Und wenn einer das Licht nicht sieht,
dann bin ich es für ihn.
Und wenn eine das Licht nicht wahrhaben will,
dann bin ich es für sie.
Der Dunkelheit zum Trotz.
Manchmal wissen wir nicht,
wie sehr wir einander Licht sind.
Manchmal ahnen wir nicht,
welchen Unterschied wir füreinander machen
in unseren Dunkelheiten.
For
there is always light,
if
only we’re brave enough to see it.
If
only we’re brave enough to be it.
Denn
Licht ist immer,
wenn
wir nur mutig genug sind, es zu sehen.
Wenn
wir nur mutig genug sind, es zu sein.
Worte
von Amanda Gorman.
5. Es sei keine
Sprach noch Rede,
da man nicht die
Stimme hört,
und kein Land so
fern und öde,
wo dein Wort nicht
wird gelehrt.
Lass den hellen
Freudenschall
lass ihn ausgehn
überall.
6. Geh, du
Bräutgam, aus der Kammer,
laufe deinen
Heldenpfad;
strahle Tröstung in
den Jammer,
der die Welt
umdunkelt hat.
O erleuchte, ewges
Wort,
Ost und West und
Süd und Nord!
Lichtspuren: Spot off
Licht ist immer.
Seit der Schöpfung der Welt ist es da.
Aber seither gibt es auch die Dunkelheit.
Sie ist genauso Teil der Schöpfung wie das Licht.
Denn Dunkelheit macht das Licht erst sichtbar.
Und Leben im Licht gibt es nur deshalb,
weil es die Dunkelheit auch gibt.
Vielleicht
wird nichts verlangt
von
uns
während
wir hier sind
als
ein Gesicht leuchten zu machen
bis
es durchsichtig wird.
Und
das Leuchten dieses einen Gesichts
aufzubewahren.
Worte von Hilde Domin.
(Hilde Domin, Sämtliche Gedichte S. 85,
Fischer Verlag Frankfurt am Main 2011, „Indischer Falter“)
Amen.
7. Komm, erquick
auch unsre Seelen,
mach die Augen hell
und klar,
dass wir dich zum
Lohn erwählen;
vor den Stolzen uns
bewahr.
Ja, lass deinen
Himmelsschein
unsres Fußes
Leuchte sein.
(EG 592; Text: Rudolf Stier; Melodie: Heinrich Albert 1642)