Sonntag, 4. Juni 2017

Pfingsten: Ein Lied - 7 Strophen - 7 Bilder


Komm, Gott Schöpfer Heiliger Geist (Pfingstlied von Martin Luther, EG 126)
Liedpredigt zu Pfingstsonntag 2017
in der Stephanuskirche im Roßdorf.




1. Ein Lied, ein Bild, ein Wort

Manchmal verschwimmen
Zahlen und Buchstaben
vor unseren Augen.
Manchmal fühlt man einen Knoten im Kopf.
Manchmal hat man mehr Fragen als Antworten.
Und mit einer Erklärung kommt man nicht weiter.

Manchmal sagen Bilder mehr als Worte.
Und nicht nur Pinsel und Papier helfen weiter.
Auch Worte können Bilder malen.



Manchmal ist ein Lied
mehr als eine Predigt.
Und ein Chor aus vielen Stimmen
mehr, als der Versuch eines Einzelnen,
ein Gebet zu stammeln

Manchmal braucht es ein Lied, ein Bild, ein Wort
um zu sehen
und zu glauben.
Manchmal braucht es einen wie Martin Luther,
der uns 7 Bilder vor Augen malt,
die wir singen können – bis heute.


2. Sieben Strophen, sieben Bilder, sieben Worte

a. Herz (Motiv: Herz)

1. Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist,
besuch das Herz der Menschen dein.
mit Gnaden sie füll, wie du weißt,
dass sie dein Geschöpfe sein.

Es schlägt in mir.
Es hält mich am Leben.
Es gibt die Taktzahl vor.
Das Herz hält am Leben
was Gott geschaffen hat.  
Ein kleines Kraftwerk ist es.
Eine kaum faustgroße Maschine,
die unermüdlich ihren Dienst tut.
Die kleinste Unregelmäßigkeit bringt
alles durcheinander,
macht Beschwerden,
ist behandlungsbedürftig.

Mein Herz.
Es erhält in mir
die Erinnerungen an mein Leben.
Es definiert die Taktzahl für
Freude und Schmerz,
Glück und Verzweiflung,
Dankbarkeit und Trauer.
Das Herz fühlt das Leben,
das Gott erschaffen hat.
Mein Leben.

Dort hinein kommst du,
Gott, Schöpfer, Heiliger Geist.  
Nimmst den Takt auf.
Dirigierst und komponierst
mein Leben
und ich bin gewiss:
Mein Herz
und ich
sind Deins.

Jesus spricht:
Wer mich liebt, der wird mein Wort halten;
und mein Vater wird ihn lieben
und wir werden zu ihm kommen
und Wohnung bei ihm nehmen.
(Joh 14,23)



b. Tröster (Motiv: Pflaster)

2. Denn du bist der Tröster genannt,
des Allerhöchsten Gabe teu’r,
ein geistlich Salb an uns gewandt,
ein lebend Brunn, Lieb und Feu’r.

Mama!!! Trösten!!!Dann ein Schluchzer.
Tränen und Rotz.
Und Mamas Arm.
Ein Kuss,
ein Taschentuch.
Ein Glas Sprudel. 
Ein Pflaster.
Das mit dem Marienkäfer.
Oder das mit dem Schlumpf.

Diese Welt braucht so viel Pflaster!
Wir alle brauchen so viel Pflaster.
Nicht nur wegen aufgeschlagener Knie und
Holzspreiseln vom Gartenzaun.

Ein Pflaster gegen Einsamkeit am Sonntag abend
und eins gegen den Hass verbitterter Menschen.
Eins gegen böse Gerüchte.
Eins gegen Krebs und
eins gegen Krieg.
Eins gegen Terror. Ganz besonders Heute.
Ein Pflaster gegen schlechte Noten
und Männergrippe und
grölende Nachbarn.
Wir brauchen ein Pflaster gegen
Wut und Trauer und Heimweh.
Und ein Pflaster gegen Liebeskummer auch.

Im Notfall ist für alles ist gesorgt.
Du bist Mutter und Vater.
Und Tröster.
Du bist da.

Jesus spricht:
Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen,
ich komme zu euch.
(Joh 14,18)



c. Verstand  (Motiv: Kopf/Glühbirne)

3. Zünd uns ein Licht an im Verstand,
gib uns ins Herz der Liebe Inbrunst,
das schwach Fleisch in uns, dir bekannt,
erhalt fest dein Kraft und Gunst.

Verstehen möchte ich
wie das ist mit dem Glauben.
Und dem Himmel.
Und dem Leben.
Warum Katzen schnurren
und warum Löwenmäulchen nicht beissen.
Irgendwann möchte ich wissen,
warum es Liebe gibt und Hass,
warum manche Freunde immer noch da sind und
andere seit Jahren schweigen.
Warum man Angst hat vor Fremdem
und vor Nähe auch.
Und warum das Stockbrot am Strand
besser schmeckt als 5 Gänge im Hilton.

Und sehen will ich das, was man nicht sieht.
Den unsichtbaren Draht zwischen zwei Menschen,
die sich erst kurz kennen,
aber schon ewig verstehen.
Den Schutzengel,
der schneller fliegt als das Auto fährt.
Die Stärke des Todkranken,
der sich nie aufgibt und den Tumor besiegt.

Ich möchte wissen,
warum ich liebenswert bin
obwohl schlechte Gedanken
sich pausenlos im Kreis drehen.
Ich möchte sicher sein,
auch etwas richtig gemacht zu haben.
Ich möchte Entscheidungen richtig treffen.
Mich auf meine Intuition verlassen.

Jesus spricht:
Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit,
kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten.
(Joh 16,13)

d. Finger an Gottes rechter Hand (Motiv: Hand)

4. Du bist mit Gaben siebenfalt
der Finger an Gottes rechter Hand;
des Vaters Wort gibst du gar bald
mit Zungen in alle Land.


Finger
bist du.
Ein Fingerzeig,
der erinnert,
der Orientierung gibt.
Der hinweist auf das,
was richtig ist. Und wichtig. Und gut.
Ein Fingerzeig, der Aufmerksam macht
auf die kleinen Dinge,
die das Leben wertvoll machen.
Der Besuch bei der alten Nachbarin im Heim.
Der auf dem Schulweg gepflückte Blumenstrauß.
Das Singen der Amsel am Ende der Nacht.

Ein Fingerzeig bist du,
der wachrüttelt und aufrüttelt.
Der sich hineinlegt in offene Wunden.
Der hinweist auf falsche Entscheidungen
und irrsinnige Politik.
Ein Finger, der sich selbst verwundet
am Stacheldraht, der Europa schützen soll.
Der umwirft die Mauern in den Köpfen derer,
die anderen vorschreiben,
wen und wie sie zu lieben haben.

Fingerzeig bist du,
der erinnert
an  Wichtiges,
an Versprochenes,
an Heiliges.

Jesus spricht:
Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
(Joh 14,26)



e. Frieden  (Motiv: Peace-Zeichen)

5. Des Feindes List treib von uns fern,
den Fried schaff bei uns deine Gnad,
dass wir deim Leiten folgen gern
und meiden der Seelen Schad.

Frieden.
Schalom.
Salam.
Peace.

Weltfrieden brauchen wir!
Dringend!
Doch wo beginnen wir den?
Die Welt ist so groß!
Dann lieber nur
Frieden in Europa.
Vielleicht klappt ja der.
Wobei…
Selten war er so wackelig.
Aber kann ich das ändern?
Frieden in Deutschland:
schon das ist manchmal schwer genug.
Frieden in unserer Stadt?
Unserem Stadtteil?
Frieden jetzt und hier?
Vielleicht.
Vielleicht auch nicht.
Kleinkrieg ist Alltag.
Kleinfrieden?
Ist auch Alltag.
Oft merken wir den gar nicht,
den kleinen Frieden.

Frieden ist
wo Nachbarn zusammen Kaffee trinken,
auch wenn die Katze des Einen
den Koi-Karpfen des anderen gefressen hat.
Frieden ist, wenn Kollegen einander
ehrlich Feedback geben können
und niemand Angst haben muss
vor der Konkurrenz.
Frieden ist, wenn Ehepartner
nicht alles auf die Goldwaage legen.
Auch nicht die Socken in der Sofa-Ritze.
Frieden ist, wenn Muhammad aus Syrien
meinen Hund streichelt,
ohne schreiend von ihm wegzurennen.
Frieden ist, wenn Lehrerin
und Schüler zusammen Eis essen.
Frieden ist, wenn Yaya aus Gambia und
Trudi aus Frickenhausen zusammen 4gewinnt spielen.
Frieden ist, wenn man nicht nur Erfolg mit anderen teilen kann, sondern auch Wut und Angst,
Wurst und Schnaps,
Tod und Leben.

Jesus spricht:
Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch.
Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt.
Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.
(Joh 14,27)


f. Glauben (Motiv: Haus)

6. Lehr uns den Vater kennen wohl, dazu Jesu Christ, seinen Sohn,
dass wir des Glaubens werden voll,
dich, beider Geist, zu verstehn.


Gott kennen.
Eine Vorstellung von ihm haben.
Wissen, wo man ihn findet.
Wo sein Wohnsitz ist.
Glaubensgewissheit haben.
Nicht mehr über Zweifel sinnieren.
Gibt es einen Gott oder bilden wir uns das nur ein?
Haben alle den gleichen Gott -
oder ist Allah unter einer anderen Adresse erreichbar?
Wer ist denn Gott überhaupt –
und wenn ja: wieviele?
Und was kann man eigentlich
über Gott wissen?

Glauben lernen hört nie auf.
Vom ersten bis zum letzten Atemzug
lässt sich Gott suchen und finden. 
In der Geschichte, die die Oma erzählt.
In der Kinderbibel, die man schon selber lesen kann.
Im Konfirmandenunterricht.
Beim Traugespräch.
Im Hauskreis.
Beim Kaffee trinken mit der besten Freundin
auf der Eckbank in der Küche
und beim Allein sein draußen im Wald.
Hier im Gottesdienst.
Und  später beim Feiern
mit der Familie.

Jesus spricht:
Euer Herz erschrecke nicht!
Glaubt an Gott und glaubt an mich!
In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen.
(Joh 14,1.2)


g. Vater, Sohn und Tröster  (Motiv: leeres Bild)

7. Gott Vater sei Lob und dem Sohn,
der von den Toten auferstand,
dem Tröster sei dasselb getan
in Ewigkeit alle Stund.

Alles in einem
und einer in allen.
Ein Geheimnis ist es
immer noch – und bis
ans Ende unserer Tage.
Gott ist die eine – und doch drei.
Er sprengt unsere Vorstellung.
Alle haben wir andere Ideen von Gott.
Für die eine ist Gott weiblich
und sie hat dunkle Haut.
Für den anderen ist Gott männlich,
mittelalt und mit Vollbart.

Gott ist anders.
Nicht für alle gleich.
Manchmal sogar für mich
heute so und morgen ganz neu.
Aber Gott ist.
Und Gott ist gut.
Und Gott bleibt gut.

Jesus redete in Bildern.
Weil seine Freunde Bilder verstehen konnten.

Martin Luther hat versucht,
für seine Zeit ein Bild zu zeichnen von Gott.
Ein Bild, das man singen kann.
Vielleicht hat er deshalb
Gott etwas besser verstanden.

Wir dürfen heute
für unsere Zeit ein Bild zeichnen für Gott.
Ein leerer Rahmen
lässt Platz
für mein Bild von Gott.
Meine Erfahrung mit Gott.
Meinen Wunsch an Gott.

Lässt Platz für
Schöpfer, Jesus und Heiligen Geist.

Vielleicht hat manches Bild Ähnlichkeit
mit dem von Martin Luther.
Vielleicht entstehen auch etwas ganz Neues.
Vielleicht fällt euch auch ein Lied dazu ein.

Nehmt einen leeren Rahmen mit.
Jede/r kann selber malen.   

Jesus spricht:
Das habe ich euch in Bildern gesagt.
Es kommt die Zeit, da ich nicht mehr in Bildern mir euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater.
Denn er selbst, der Vater hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.
(Joh 16,25.27)



3. Ein Lied, ein Bild, ein Wort II

Manchmal braucht es ein Lied, ein Bild, ein Wort
um zu sehen
und zu glauben.
Manchmal braucht es mich.
Ich kann anderen Bilder vor Augen malen,
dazu singen und erzählen:
Mein Lied.
Mein  Bild.
Mein Wort.
Gott.

Amen


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